Es gilt die Aussage in Pri Ez Chajim1 zu verstehen, dass heutzutage die Läuterung hauptsächlich durch das Gebet vollzogen werde, obschon Torastudium das Gebet überragt2.
Die Erklärung lautet, dass man durch die Tora und die Gebote zusätzliches Licht in Azilut ergehen lässt etc. Dies bedeutet, dass durch das Torastudium das Licht des gesegneten Ejn Sof in die inneren Aspekte der Gefäße von Azilut [fließt]. Dies ist ein Fluss des g‑ttlichen Intellektes. Durch die Gebotserfüllung [fließt das Licht] in die äußeren Aspekte der Gefäße, d.h. die Aspekte Nezach-Hod-Jesod der Zehn Sefirot des Kleinen Angesichts von Azilut. Doch kleiden sich [letztere] in Berija, Jezira und Assija, in die physische Tora und die Gebote in dieser Welt.
Gebet hingegen lässt das Licht des gesegneten Ejn Sof, direkt in Berija, Jezira und Assija fließen und nicht durch bloße Gewandung. Es ist vielmehr das eigentliche Licht, das den Zustand der Geschöpfe ändert. Der Kranke wird geheilt, und vom Himmel fällt Regen auf die Erde, befruchtet sie und lässt [Pflanzen] aus ihr sprießen.
Dies ist bei der Tora und den Geboten nicht der Fall: Durch das Anlegen der Tefillin auf Kopf und Arm ergibt sich keine Änderung im Pergament der Tefillin. Sogar bei Geboten, die durch die Herstellung des Objekts erfüllt werden3, geht die Änderung [im Objekt] auf den Menschen und nicht – wie beim Gebet – auf den Himmel zurück. [Gebet] bringt Lebenskraft aus dem gesegneten Ejn Sof hervor, der alleine allmächtig ist. Das Herabbringen des Lichtes des gesegneten Ejn Sof auf die untere Welt ist folglich nicht ohne die – ausdrücklich von unten erfolgende – „Erhebung von Majin Nukvin“ möglich.
Torastudium im Gegensatz dazu beeinflusst Azilut, denn [die Tora] ist sowieso mit dem Emanator, gesegnet sei Er, vereint. Die Erhebung von Majin Nukvin im Gehirn und Herzen des Menschen ist [G‑ttesliebe] im Aspekt endloser Feuergluten und wird als Meodecha4 bezeichnet, um den Aspekt der Unendlichkeit hervorzurufen. Dies wird durch die [Aspekte der] Strenge von Sag bewirkt, die die 288 Funken darstellen etc.
Aus diesem Grund wird das Gebet „Leben für den Moment“ genannt5, denn es ist [der Aspekt] Malchut, der nach Berija, Jezira und Assija absinkt. Tora wird „ewiges Leben“ genannt, was Sa entspricht, denn die 248 Gebote teilen sich in die Zehn Gefäße der Zehn Sefirot von Sa etc.
ב"ה
Heutiger Tanja-Abschnitt
Kuntres Acharon, Beginn von Abhandlung 4
Fußnoten
1.
Schaar HaTefila, Kap. 7; und siehe weiter, Abhandlung 8.
2.
Siehe Mischna Pea 1:1; Schabbat 11a; und siehe R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim 106:4; oben, Likkutej Amarim, Kap. 23; und siehe R. Schneor Salman von Ljadi, Hilchot Talmud Tora 4:5-6.
3.
Beispiele sind das Schreiben einer Torarolle oder die Errichtung einer Sukka (gemäß den Meinungen, dass die Errichtung einer Sukka eine Mizwa ist; siehe R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim § 641, und dort angeführte Quellen). Anders als Tefillin, bei denen die Mizwa in ihrem Tragen an Arm und Kopf und nicht in ihrer Herstellung besteht, werden die genannten Gebote durch ein Ändern des betreffenden Objekts erfüllt.
4.
„Deine Kraft“, Deut. 6:4.
5.
Schabbat 10a.