„Du sollst deinen Nächsten zurechtweisen“1 – „sogar 100 Mal“2. Ich kann mich daher nicht zurückhalten und kann es nicht unterlassen, noch einmal aufzuschreien, mit einer Stimme, die Schwäche verrät. Ich flehe Euch mit großem Erbarmen an: Erbarmt Euch bitte eurer Seelen. Beachtet, seid überaus wachsam bezüglich des Torastudiums und des Dienstes mit dem Herzen, dies ist das Gebet mit Kawana. Alle sollten gemeinsam, wie eine Person, beginnen, Wort für Wort, nicht einer hier und der andere dort, einer stumm und der andere Müßiges schwätzend, G‑tt beschütze uns! Die hauptsächliche Ursache und Veranlassung für den Schaden sind die Personen, die das Gebet leiten3. Diese Funktion steht jedem offen, der vortreten und die Würde erfassen möchte, oder weil nicht einmal einer möchte etc. pp.
Aus diesem Grund ist dies der erteilte Rat und eine Anordnung, die als Gesetz – das, G‑tt behüte, nicht mehr übertreten werden darf – festgelegt wurde. Dies bedeutet, für diese Funktion bestimmte Menschen, die dafür würdig sind, durch Losentscheid oder gemäß der Zustimmung der Mehrheit der Betenden auszuwählen. [Dies haben Männer zu sein,] die Wort für Wort maßvoll und mit lauter Stimme beten, die weder übermäßig ausgedehnt, noch zügellos rasend beten, G‑tt behüte. Ihnen fällt die Pflicht zu, das Gebet zu leiten, jeder an dem ihm zugeteilten Tag. Diese Person sammle eng um sich all jene, die zumindest mit ein bisschen Stimme beten und weder flüstern noch rasen, G‑tt behüte. Dies wird in althergebrachten Anordnungen mehrerer Städte erläutert.
Ich komme nun, um sie zu erneuern, um sie zu stärken und zu festigen, sodass sie nie wieder geschwächt werden, G‑tt behüte. (Gewald! Gewald!)4 Wie lange noch soll uns dies zum Fallstrick sein? Haben wir nicht genug nach all den Rügen und Schwierigkeiten, die uns befallen haben? Möge uns G‑tt schützen und mit doppelter Hilfe trösten und unsere Herzen läutern, um Ihm in Wahrheit zu dienen. „Seid stark, und fest sei Euer Herz, die Ihr auf G‑tt hoffet.“5
Überdies ist – alljährlich und in jeder Gemeinde – der gesamte Talmud zu vollenden6, indem die Traktate durch Losentscheid oder Übereinstimmung aufgeteilt werden. In einer Stadt mit zahlreichen Synagogen vollende ihn jede Gemeinde. Ist eine Gemeinde zu klein, um [dieses Vorhaben] durchzuführen, sollen sie sich mit Männern einer größeren Gemeinde zusammenschließen. Dieses Gesetz darf weder geändert noch verletzt werden. Darüber hinaus vollende jeder Teilnehmer für sich allwöchentlich den achtfachen Psalm 1197.
Da aufgrund der Schwäche der Generation nicht jeder in der Lage ist, zu fasten, wie er sollte8, folgt der erteilte Rat der Aussage unserer Meister sel. A.: „Wer den Schabbat gemäß seinem Gesetz hütet, dem werden all seine Sünden vergeben.“9 Die Betonung liegt auf „gemäß seinem Gesetz“. Jeder einzelne ist folglich verpflichtet, im „umfangreichen Gesetz des Schabbat“ bewandert zu sein.
Seid auch überaus sorgsam, nicht dem müßigen Geschwätz zu frönen, G‑tt behüte10. Wie den Kennern der verborgenen Weisheit bekannt ist, weist jedes Gebot einen äußeren und einen inneren Aspekt auf. Der äußere Aspekt des Schabbat ist das Ruhen von physischer Tätigkeit, so wie G‑tt von der Schaffung von physischem Himmel und physischer Erde ruhte11. Der innere Aspekt des Schabbat ist die Kawana beim Schabbatgebet und Torastudium, dem Einen G‑tt anzuhangen, wie geschrieben steht: „Es ist ein Schabbat dem Ew‑gen, deinem G‑tt.“12 Dies ist der Aspekt „Gedenke“13. Die innere Dimension des Aspekts „Hüte“14 ist das Unterlassen des Gesprächs über materielle Angelegenheiten, so wie G‑tt von den Zehn Aussprüchen ruhte15, durch die die physischen Himmel und Erde geschaffen wurden. Denn „eines ist das Gegenstück zum anderen etc.“16
Heutiger Tanja-Abschnitt
Kuntres Acharon, Abhandlung 9
Lev. 19:17.
Bava Mezia 31a; R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim 156:7, 608:5.
Wörtlich: „vor das Vorbeterpult hinabsteigen“.
Ausdruck seelischer Qual. Diese zwei Worte erscheinen in Jiddisch im ursprünglichen, von R. Schneor Salman verfassten Manuskript. „Gewalt schreien“ – ein evtl. aus Hi. 19:7 „Siehe ich schreie ,Gewalt‘ (und finde kein Gehör)“, oder aus Jer. 20:8 entstandene Redensart.
Nach Ps. 31:25.
Siehe auch Iggeret HaKodesch, Brief 1.
Die Anfangsbuchstaben der Verse in Psalm 119 sind alphabetisch geordnet, dabei beginnen jeweils acht Verse mit dem Buchstaben Alef, acht Verse mit dem Buchstaben Bet usw.
Siehe oben, Iggeret HaTeschuva, Kap. 3.
Schabbat 118b; Tur, Orach Chajim, § 242.
Siehe Sohar I, 63b; vgl. aber Maimonides, Mischne Tora, Hilchot Schabbat 24:4; Schulchan Aruch, Orach Chajim 307:1; R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim 307:2.
Siehe Ex. 20:10, 31:17, Gen. 2:1-3.
Ex. 20:10; siehe auch R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim 290:5; und siehe oben, Iggeret HaKodesch, Brief 1.
Ex. 20:7.
Deut. 5:12.
Siehe Jerusalemer Talmud, Schabbat 15:3; und siehe R. Menachem M. Schneerson von Lubawitsch, Likkutej Sichot, New York 1998 (4. Auflage), Bd. XI; S. 81 ff..
Pred. 7:14; und siehe oben, Iggeret HaKodesch, Brief 25. Am Schabbat über materielle Angelegenheiten zu sprechen, ist das Gegenstück zur Ruhe und der spirituellen Erhebung, die der Mensch an diesem Tag durch Gebet und Torastudium sichert.