Möge der Ew‑ge ihre Kraft segnen und am Werk ihrer Hände Gefallen finden, sodass sie ständig wohlgefällig vor dem Ew‑gen seien. So möge der Ew‑ge geben und so möge Er fortfahren, um ihr Herz unter den Helden zu festigen. Und der Edle besteht auf Edlem, „groß“ zu sein, indem er es ist, der Andere zum Handeln bewegt, in jeder Stadt und Gemeinde. Dies wird ihm als Rechtschaffenheit [Zedaka] angerechnet werden. Über den, der [die Tat] ausführt, steht geschrieben: „Seine Zedaka besteht [omedet] für immer.“1 Omedet steht in der weiblichen Form, weil [dieser Spender] eine Erweckung seines reinen Herzens von dem empfängt, „der groß ist, indem er Andere zum Handeln bewegt“. Nichtsdestotrotz besteht [seine Mildtätigkeit] für immer.
Dies bedeutet: All die Handlungen der Wohltätigkeit und Güte, die Juden in dieser Welt aus der Großzügigkeit ihres reinen Herzens heraus üben, leben und bestehen in dieser materiellen Welt bis zur Zeit der Belebung [der Toten]. Dann wird eine Ära der Manifestation von G‑ttlichkeit und Ejn Sof-Licht herrschen, vom Aspekt Sovev Kol Almin in dieser Welt, wie ich im letztjährigen Brief ausführlich erklärte2. Doch sind ein Gefäß und eine Stätte erforderlich, worin sich das Licht des gesegneten Ejn Sof kleiden kann, so wie der Körper ein metaphorisches [Gefäß] für die Seele ist. So steht geschrieben: „Ist nicht Mein Wort wie Feuer?“3; so wie Feuer in dieser Welt ausschließlich leuchtet, wenn es einem Docht anhaftet und in ihn gekleidet ist etc., wie andernorts erklärt wird4.
Der Körper und das Gefäß für das Licht des Gesegneten sind das Attribut der Güte und die Großzügigkeit des Herzens, um Lebenskraft an den zu geben und zu verteilen, der nichts hat etc. So steht in Tikkunim geschrieben: „Und Du hast ihnen viele Körper angefertigt, und in dieser Anfertigung werden sie genannt: ‚Chessed – der rechte Arm‘.“5 Ferner ist der gesamte Körper in der rechten Seite enthalten6. Und so sprach der liturgische Dichter: „Seine Kleidung ist Zedaka.“7 Dies ist die Bedeutung der Aussage unserer Meister sel. A.8: „Wohltätigkeit wird ausschließlich der darin enthaltenen Güte gemäß vergolten, wie es heißt9: ‚Sät für euch Zedaka, erntet gemäß der Güte.‘“ Denn die Ernte ist die Manifestation der im Erdboden verborgenen Saat. Genauso verhält es sich mit der Wohltätigkeit und der Güte, die Juden in der Zeit der Verbannung üben: Bis zur Belebung [der Toten] sind sie verborgen und versteckt; dann wird sich das Licht des gesegneten Ejn Sof in diese materielle Welt kleiden und wird darauf leuchten. Denn „Er und Seine Verursachungen sind eins“, d.h. [Er und] der Aspekt der Kelim der Zehn Sefirot von Azilut. Erst recht und umso mehr in Bezug auf das Licht des gesegneten Ejn Sof, das alle Welten von weitaus höher als dem Aspekt Azilut umgibt.
Aus diesem Grund wird [Mildtätigkeit] Zedaka genannt, ein Femininum [im erwähnten Vers]: „Seine Zedaka besteht [omedet] für immer.“ Sie erhält eine Strahlung vom Licht des Ejn Sof, das alle Welten umgibt, und sich zur Zeit der Belebung [der Toten] in diese physische Welt kleidet. „Zedek muss Ihm vorangehen [jehalech]“10 hingegen ist ein Maskulinum. Hier wird das Attribut der Güte beschrieben, das im Herzen des Menschen von alleine erweckt wird, durch eine Erweckung von G‑ttesliebe während des Schema-Lesens, Ihm anzuhangen und die eigene Seele bei Echad11 zu opfern; [G‑tt zu lieben] „mit all deinem Vermögen“12 im wörtlichen Sinne13 etc. pp. Und die Erweckung hienieden – so wie im Wasser Angesicht steht zu Angesicht, so steht das Herz des oberen Menschen etc. – bewirkt eine Erweckung von droben. Dies ist ein Fluss des Lichtes des gesegneten Ejn Sof, das – zur Zeit der Belebung [der Toten]– alle Welten bis zu den untersten Tiefen in dieser physischen Welt in offenbarter Weise umgibt, wie im letztjährigen Brief ausführlich erläutert wurde.
Dies ist die Bedeutung von „[Zedek] muss Ihm vorangehen.“14 Denn [Zedek] führt das Obere Antlitz von höher als Azilut bis zur Welt von Assija herab und lässt es hervortreten15. Es gilt nun aber, sich kurz zu halten; und möge Er nichts Gutes vorenthalten. „Gib Gutes, G‑tt, den Guten und denen, die gerade bleiben in ihrem Herzen.“16 Solches ist der Wunsch dessen, der [ihr Wohlbefinden] sucht.
Heutiger Tanja-Abschnitt
Iggeret HaKodesch, Brief 32
Ps. 112:9.
Oben, Brief 17.
Jer. 23:29.
Siehe oben, Likkutej Amarim, Kap. 53; R. Schneor Salman von Ljadi, Likkutej Tora, Abschnitt Achareji.
Einleitung zu Tikkunej Sohar, 17a.
Siehe R. Schneor Salman von Ljadi, Schulchan Aruch, Orach Chajim 2:3.
Aus dem Lobgesang „Ata Hu Elokejnu“, aus der Liturgie der ehrfurchtsvollen Tage zwischen dem Neujahrs- und dem Sühnetag; siehe oben, Brief 17.
Sukka 49b.
Hos. 10:12.
Ps. 85:14.
„(G‑tt ist) Einer“; siehe Mischna Berachot 9:5; und siehe Berachot 61b.
Deut. 6:5.
Die deutsche Übersetzung „mit deinem ganzen Vermögen“ für בכל מאדך ist ebenso wie das Original zweideutig: Vermögen im Sinne von 1. Habe, 2. Kraft, Können. Die hier angesprochene erste Deutung findet sich u.a. in Mischna Berachot 9:5; Raschi zu Deut. 6:5.
Das Wort „Jehalech“, hier wiedergegeben als „muss (voran)gehen“ ist eine kausative Verbform: „(Zedaka) v e r u r s a c h t das Gehen.“
Das Wort לפניו , hier wiedergegeben als „vor Ihm“ stammt von der Wurzel פנים , d.h. „Antlitz“.
Ps. 125:4.