Brief 22b1

Meine Geliebten, meine Brüder und Freunde. Aufgrund des ungeheuren Ausmaßes meiner Beschäftigungen, „die mich zusammen eng einschließen“ und „mich wie Wasser umgeben“ – „den ganzen Tag und die ganze Nacht, nimmer schweigen sie“ – „kann ich mich vor der Last nicht retten“, um all das schriftlich niederzulegen, was in meinem Herzen ist. Kurzgefasst jedoch bin ich als jemand gekommen, der frühere [Angelegenheiten] in Erinnerung ruft und im Allgemeinen wiederholt, insbesondere denen gegenüber, die „sich willig hingeben im Volk“ – beim Dienst [G‑ttes], dies ist das Gebet, [unerschütterlich] zu stehen, mit lauter Stimme [zu beten], sich kraftvoll mit aller Kraft und Macht gegen jegliches innerliches oder äußerliches Hindernis stärkend, mit einer starken Hand im buchstäblichen Sinn. Dies ist der „Wille derer, die Ihn fürchten“; er übersteigt Weisheit und Einsicht, die G‑tt ihnen verlieh, sodass sie mit Verstand und Wissen all das tun, was G‑tt befahl. Ein einfacher Wille und ein williger Geist bloß sollten herrschen in jedem Menschen, dessen Herz ihn dazu bewegt, einen „vollkommenen Dienst“ zu leisten2, um Seinem Schöpfer Befriedigung zu verschaffen. Darüber wurde gesagt: „Denn es ist ein hartnäckiges Volk, und Du sollst verzeihen“3, denn Verzeihung übersteigt gleichfalls die Weisheit – „sie fragten die Weisheit etc.“4 Unser Meister Mosche, Friede mit ihm, erbat „Maß für Maß“5. Dies genüge dem Verständigen.

Darüber hinaus ersuche ich Euer Würden6, meine Worte, die von mir vorgebrachte Bitte, dass jedermann aufrichtig sei und in seiner Rechtschaffenheit wandle, so wie „G‑tt den Menschen aufrecht erschaffen hat“, nicht hinter euch zu werfen. [Der Mensch] suche nicht viele Berechnungen über den „Anlass der Schritte eines Mannes und der Gedanken des Menschen und seine Pläne“7. Dies ist die Aufgabe des Himmels und nicht Aufgabe von Fleisch und Blut. Man glaube vielmehr mit vollkommenem Glauben an die Vorschrift unserer Weisen sel. A.: „Und sei demütigen Geistes vor jedem Menschen“8 – im Allgemeinen9. Denn es ist eine wahre Sache und ein richtiger Ausspruch, dass jedermann durch seinen Mitmenschen besser wird. So steht geschrieben: „alle Männer Israels wie ein Mann verbündet“10, so wie ein Mann aus zahlreichen Organen zusammengesetzt ist, und wenn sie abgetrennt werden, dies das Herz beeinflusst, „denn aus ihm geht das Leben hervor“11. Indem wir deshalb wahrlich alle wie ein Mann sind, kommt der Dienst [G‑ttes] im Herzen zustande. Und aus dem Positiven etc.12 Daher wurde gesagt: „Ihm dienen mit vereinter Schulter.“13

Daher flehe ich, meine Geliebten und Freunde, wieder und wieder, sich mit ganzem Herzen und ganzer Seele abzumühen, um die Liebe für den Mitmenschen fest in seinem Herzen zu verankern, „und keiner sinne auf des anderen Unheil in eurem Herzen“14 steht geschrieben. Solch eine [Erwägung] sollte niemals im Herzen aufkommen; und kommt sie auf, hat man sie aus seinem Herzen zu verstoßen15 „wie Rauch verjagt wird“, wirklich wie einen Gedanken des Götzendienstes. Denn Bösrede ist so schwerwiegend wie Götzendienst, Unzucht und Blutvergießen16. Ist dies so beim Sprechen etc.17; denn bereits jedem Weisen des Herzens ist die größere Wirkung des Gedankens gegenüber dem Wort bekannt, sei es zum Guten oder zum Verbesserungswürdigen.

Möge Euch der gute G‑tt, der Sein Volk mit Frieden segnet, Frieden und Leben in Ewigkeit erteilen, wie der Wunsch dessen ist, der Eure Seele von Herz und Seele liebt.