Am neunten Aw des Jahres 2449, nach der Schöpfung, wurde die Generation der Juden, die 16 Monate zuvor unter der Führung Moses aus Ägypten kam, dazu verurteilt, in der Wüste zu sterben, sowie der 40 Jahre später stattfindende Einzug in das Land Israel beschlossen.
Wie in Bamidbar 14 erwähnt, als die Kundschafter, welche Moses in das Land Kanaan gesandt hatte, mit ihrem entmutigenden Bericht zurückkehrten, weinten die Menschen die ganze Nacht – die Nacht des 9. Aw – sie erklärten, dass sie lieber nach Ägypten zurückkehren würden, als zu versuchen das Land zu erobern und zu besiedeln; G-tt entschied, dass die ganze Generation 40 Jahre durch die Wüste wandern sollte, bis der letzte verstorben sein würde, und dass ihre Kinder, unter der Führung Jehoschuas, das Land betreten werden, welches G-tt Israel als ewiges Erbe verheißen hat.
Dies ist die erste von fünf nationalen Tragödien, die sich im 9. Aw ereigneten und im Talmud (Taanit 4:6) angeführt werden, weswegen der Tag als Fasttag festgelegt wurde. Die anderen vier sind: die Zerstörung der zwei Tempel, der Fall von Betar und das Umpflügen des Bodens des zerstörten Jerusalems.
Sowohl der erste, als auch der zweite heilige Tempel in Jerusalem wurden am 9. Aw zerstört: der erste Tempel durch die Babylonier, im Jahr 3338 nach der Schöpfung, und der zweite durch die Römer im Jahre 3829.
Die Zerstörung der Tempel repräsentiert die größte Tragödie in der jüdischen Geschichte, zugleich markiert dies den Eintritt in die Galut – der Zustand des physischen Exils, wie auch des spirituellen, in dem wir uns noch heute befinden. Folglich wird die Zerstörung als Tragödie betrauert, welche unsere Leben noch heute, 2000 Jahre später, beeinflusst. Und dies nicht weniger, als die erste Generation, welche dies selber erfahren hatte.
Der neunte Aw ist aber auch ein Tag der Hoffnung. Der Talmud führt aus, dass Moschiach („der Gesalbte“) in dem Augenblick geboren wurde, als der Tempel in Brand gesetzt wurde und die Galut begann. [Dies steht in Verbindung mit den Lehren unserer Weisen, die besagen, dass „In jeder Generation ein Nachkomme von Juda geboren wird, der es wert ist, der Moschiach zu sein“ (Bartinoro zu Ruth); „Wenn die Zeit kommen wird, wird G-tt selbst sich offenbaren und ihn senden, und dann wird der Geist des Moschiach, der in der Höhe versteckt und geheim gehalten wird, sich in ihm manifestieren“ (Chatam Sofer).]
Betar, der letzte Rückhalt im heroischen Bar Kochba Aufstand, fiel am 9. Aw des Jahres 3893, nach 3jähriger Belagerung, den römischen Truppen in die Hand.
580.000 Juden starben durch Hunger oder durch das Schwert, einschließlich Bar Kochba, der Anführer des Aufstandes.
Die Juden Englands wurden, an diesem Tag, durch König Edward I. aus England vertrieben.
Die spanischen Juden wurden, am 9. Aw des Jahres 1492, durch König Ferdinand und Königin Isabella vertrieben. Damit wurde das jüdische Leben, welches viele hundert Jahre das Land geprägt und zum blühen gebracht hatte, ausgelöscht.
Der Schabbat vor dem neunten Aw wird Schabbat Chason genannt, nach den eröffnenden Worten der Haftara-Lesung des Schabbats. An diesem Schabbat, sagen die chassidischen Weisen, wird uns eine Vision des dritten Tempels gewährt; auch wenn wir ihn nicht mit unseren physischen Augen sehen, so sehen ihn doch unsere Seelen, und es wird die Befähigung zur Verfügung gestellt, unseren Status der Galut zu durchbrechen, die Erlösung und die Wiederaufbau des Tempels zu bringen.
Link: Schabbat Chason
Wegen der Heiligkeit von Schabbat, wird das Fasten zum 9. Aw auf nach Schabbat verlegt. Das Fasten beginnt diesen Abend nach Sonnenuntergang und endet morgen, den 10. Aw ebenfalls nach Sonnenuntergang.
Einige der Besonderheiten des Fastens – wie das enthalten vom Tora-Studium, außer dem Ereignis, und der ‚Natur’ desselbigen, verwandten Texten – werden von Mittag an eingehalten.
Die abschließende Mahlzeit, vor dem Beginn des Fastens, kurz vor Sonnenuntergang eingenommen, wird Seuda HaMafseket genannt. Nur ein gekochtes Lebensmittel wird zu dieser Mahlzeit gegessen, dem Brauch entsprechend oftmals ein Ei, welches in Asche getunkt wird.
„Eicha“ – das Buch der Klagelieder – wird in der Nacht, in der Synagoge, nach den Abendgebet gelesen.